Wie dein Zuhause dein überreiztes Nervensystem beruhigen kann
Du musst nicht alles allein halten. Dein Zuhause kann dir helfen, dich wieder sicher zu fühlen. Erfahre, wie du mit einfachen Raumimpulsen dein überreiztes Nervensystem beruhigst, dein inneres Kind stärkst und echte Geborgenheit spürst.
Janina Jaeckel
5/22/20256 min read


Kann ich ehrlich sein?
Es gibt Tage, da ist einfach alles zu viel. Der Streit mit dem Partner. Das Kind, das morgens nicht mitmachen will. Der Druck, alles irgendwie hinzukriegen, obwohl du längst innerlich zusammenbrichst.
Und genau in solchen Momenten melden sich alte Triggerpunkte. Immer dann, wenn du es am wenigsten brauchen kannst.
Ich kenne das gut. Es gab Zeiten, da wollte ich alles hinschmeißen und in eine Hütte im Wald ziehen. Aber Ausweichen war für mich nie eine echte Option. Und vielleicht ist es das auch für dich nicht. Denn du spürst: Da ist etwas in dir, das gesehen werden will – auch wenn es manchmal beängstigend ist. Und du bist damit nicht allein.
Trigger sind keine Schwäche. Sie sind eine Einladung. Was sich zeigt, will sich wandeln.
Natürlich wäre es einfacher, ihnen aus dem Weg zu gehen.
Aber was, wenn du heute einen neuen Weg wählst? Einen, der dich nicht überfordert, der dich einfach liebevoll durchführt. Hin zu einem Alltag, der sich leichter anfühlt, weil er dich nicht mehr auf ungeheilte Wunden hinweisen muss.
In diesem Artikel zeige ich dir, wie du dein überreiztes Nervensystem beruhigen kannst, ohne meditieren oder dich optimieren zu müssen.
Einfach, indem du in deinem Zuhause gezielt Impulse setzt, die dich von außen regulieren und die tiefe Heilungsarbeit leichter machen.
Warum ist ein überreiztes Nervensystem überhaupt ein Problem?
Ein überreiztes Nervensystem ist kein persönliches Versagen. Doch es kann dein ganzes Leben beeinflussen, wenn du nicht erkennst, was wirklich dahintersteckt. Schauen wir uns also gemeinsam einmal die Fakten an.
Wenn dein Nervensystem überreizt ist, steckt dahinter anhaltender Dauerstress, Überforderung oder auch nicht verarbeitete Ereignisse aus Kindheit und Erwachsenenzeit. Es ist ein ganz normales Symptom bei der Verarbeitung von Traumata (den großen und den ganz kleinen).
Im Körper fühlt sich das dann wie eine innere Anspannung an. Du bist dann dauerhaft in Alarmbereitschaft, auch wenn es dazu jetzt gerade keinen Grund gibt. Erschöpfung, Schlafprobleme, Reizbarkeit und Konzentrationsmangel sind die Folge. Wenn du auf Kleinigkeiten sehr emotional reagierst oder das Gefühl hast, nicht wirklich da zu sein, sondern nur zu reagieren, dann ist dein Nervensystem gerade dysreguliert. Das heißt dein Körper geht in den Flucht-oder-Kampf-Modus und wenn keines von beidem möglich ist, dann eben in die Erstarrung.
Übrigens passiert uns das besonders oft im Umgang mit unseren eigenen Kindern, weil hier immer wieder unverarbeitete Situationen aus unserer eigenen Kindheit hochkommen und die eigentliche Situation überlagern.
Für alle, die es genauer wissen wollen: Im Gehirn ist dabei der Sympathikus überaktiv, der den Stress-Modus aktiviert. Gleichzeitig wird der Parasympathikus unterdrückt, weshalb Regulation nicht mehr klappt und das Wissen, dass du gerade theoretisch sicher bist, völlig ins Leere läuft. Das bedeutet übersetzt: Wenn dein Nervensystem einmal in diesem Zustand angekommen ist, kannst du dich übers Denken nicht auffangen. Gute Vorsätze und Mindset-Arbeit greifen also nicht.
Wirkliche Heilung kann erst beginnen, wenn du Sicherheit auf Körperebene erschaffst. Also dich wirklich sicher fühlst.
So wie wir bei unseren Kindern die Co-Regulation durch unsere Ruhe und körperliche Anwesenheit übernehmen, können wir unseren Raum nutzen, um uns selbst co-regulieren zu lassen. Eine sichere Umgebung und etwas Übung, dich auf diese zu konzentrieren, signalisieren deinem Körper: Ich bin sicher.
Was Heilung wirklich braucht
Traumatisierende Erlebnisse sind genau eines: unsicher. Selbst wenn du später darüber sprichst, sie verstehst oder rational verarbeitest, das Gefühl der Gefahr bleibt in deinem Körper gespeichert.
Was wir oft als Heilung des inneren Kindes verstehen, ist eigentlich ein Rückgängigmachen dieser gespeicherten Anspannung. Also das Wiederherstellen von Sicherheit, nicht rational sondern tief im Körper gespürt.
Damit dein Nervensystem sich neu ausrichten und regulieren kann, braucht es körperbasierte Werkzeuge, die diese neue Erfahrung verankern. Ich habe für mich selbst gute Erfahrungen mit dem Somatic Experiencing gemacht. Dabei spürst du den entstehenden Empfindungen im Körper nach und lässt den Körper ausagieren, was er braucht (z.B. durch Zittern).
Doch um dich überhaupt auf diese innere Reise einlassen zu können, braucht es zuerst etwas anderes: ein Gefühl von Sicherheit im Außen.
So wie du in einer lauten Bar kaum in Kontakt mit deiner verletzlichen Seite kommst, können auch deine eigenen vier Wände dich darin unterstützen oder davon abhalten.
Dein Zuhause kann zu einem Ort werden, der deinem inneren Kind gibt, was es damals gebraucht hätte: Schutz, Wärme, Struktur, Vertrauen, Zeit. Dabei muss es nicht perfekt sein, so wie eine liebende Mama nicht perfekt sein muss. Doch es darf sich wie eine Umarmung anfühlen. Damit du weich werden und dein Körper endlich loslassen darf.
5 kleine Veränderungen, die dein überreiztes Nervensystem beruhigen können
Dein Raum kann einen Rahmen geben für das, was in dir heilen will.
Über Farben, Texturen, Licht, Gerüche und Struktur sendet er ständig Signale an dein Nervensystem. Und genau deshalb kann er zu deinem Anker für Sicherheit und Geborgenheit werden. Damit ermöglicht er dir Heilung auf ganz neuen, tieferen Ebenen.
Die folgenden fünf Impulse kannst du nicht nur langfristig nutzen, um mehr Ruhe in deinen Alltag zu bringen – sie helfen dir auch ganz konkret in stressigen oder triggernden Momenten.
1. Sicherer Rücken
Hat dir schonmal jemand in einer schwierigen Situation eine Hand auf den Rücken gelegt? Ein beruhigendes, bestärkendes Gefühl. Wenn dein Rücken geschützt ist, kann dein Nervensystem sich besser entspannen und regulieren. Es gibt dir automatisch das Gefühl von Sicherheit. Das kannst du auch abends beim Lesen auf dem Sofa für dich nutzen, indem du dein Sofa mit dem Rücken an die Wand stellst und dich so setzt, dass du die Tür sehen kannst. Du wirst feststellen, dass du tiefer durchatmen kannst.
Auch in akuten Stressmomenten hilft das. Lehne dich mit dem Rücken direkt an die Wand und spüre bewusst diesen Halt. Dein Nervensystem wird automatisch zur Ruhe kommen.
2. Erdende Materialien
Das Erdelement wirkt grundsätzlich stabilisierend und beruhigend. Braun- und Ockertöne, flache Möbel, Naturmaterialien wie Holz, Ton oder Leinen laden zum Entspannen ein und lassen die Augen zur Ruhe kommen.
Und sie tun noch mehr:
Natürliche Materialien haben Struktur. Unebenheiten, Risse, Maserungen aktivieren deine Sinne – auf eine ganz sanfte Weise. Wenn deine Finger der alten Holzmaserung nachspüren, bist du nicht in Gefahr. Sonst könntest du dir dafür keine Zeit nehmen. Dein Körper reagiert darauf. Und dein Nervensystem reguliert sich ganz von selbst.
3. Warme, weiche Zonen
Den gleichen Effekt haben auch warme und weiche Gegenstände. Besonders wenn du dich richtig reinfallen lassen kannst.
Eine warme Decke, bequeme Kissen, gemütliches Licht von kleinen Tischlampen oder Kerzen. All das sagt: Du bist sicher. Wenn dein Körper sich einkuschelt, deine Zehen im weichen Teppich verschwinden und das Licht an ein Lagerfeuer erinnert, dann kann dein Nervensystem gar nicht anders als zu erkennen, dass es sicher ist. Sicher und geborgen im Außen erzeugt automatisch auch Sicherheit im Inneren. Denn du kannst nicht gleichzeitig Geborgenheit und Angst empfinden.
4. Duftanker
Gerüche wirken tiefer als Worte. Sie transportieren Erinnerungen. Vielleicht kennst du das: Du riechst etwas – und bist plötzlich wieder fünf Jahre alt und bei deiner Oma.
Gibt es einen Duft, den du mit Geborgenheit verbindest? Ich zum Beispiel liebe den Duft von Kaffee, obwohl ich ihn gar nicht trinke. Er erinnert mich an die langen Familienfrühstücke am Sonntag.
Du kannst solche Düfte bewusst als emotionale Anker nutzen. Oder dir neue erschaffen.
Ätherische Öle wie Zeder, Sandelholz, Vanille oder Lavendel wirken nachweislich beruhigend auf das Nervensystem. Wenn du sie regelmäßig in gemütlichen Momenten nutzt, reicht später schon ein Tropfen und dein Körper erinnert sich: Ich bin sicher.
5. Dein Körper im Raum spüren
Bewusstes Spüren kannst du immer und überall für die Regulierung deines Nervensystems nutzen. Nicht nur wenn du dich gerade aufs Sofa gekuschelt hast. Gehst du beispielsweise barfuß durch dein Zuhause, nimmst du unbewusst viele Eindrücke über deine Füße auf. Das beruhigt und erdet ganz automatisch, ohne dass du dafür irgendetwas tun musst.
Oder streich beim Vorbeigehen mit deiner Hand sanft über die Wand.
Diese kleinen, unaufgeregten Berührungen verankern dich im Moment. So nährst du nicht nur die Verbundenheit mit deinem Zuhause. Es wird auch sicherer. Für dich. Und für dein Nervensystem.
Wahre Heilung braucht Mitgefühl
Du musst nicht perfekt funktionieren.
Nicht vollständig geheilt sein.
Nicht in jeder Situation dein Herz offen halten.
Du darfst Mensch sein – mit all deinen Reaktionen, Zweifeln und Sehnsüchten. Und mit all deinen Gefühlen.
Wenn du beginnst, deine alten Wunden zu heilen, kann der Weg sich überwältigend anfühlen. Viel zu groß. Viel zu schwer.
Aber du musst nicht alles auf einmal schaffen.
Nicht einmal alles verstehen.
Vertraue darauf, dass das Leben dir immer nur das zeigt, was du gerade halten kannst.
Jeder Trigger ist eine Einladung zur Heilung. Und wenn du heute Nein sagst, kommt sie später einfach noch einmal vorbei.
Du kannst nichts falsch machen auf diesem Weg.
Und du musst niemandem etwas beweisen.
Es ist dein Weg. Und jeder kleine Schritt ist ein Ausdruck deiner Liebe zu dir selbst. Denn in dir lebt längst diese Version von dir, die du sein kannst, wenn die alten Krusten dich nicht mehr festhalten.
Also fang genau dort an, wo du jetzt bist.
Mit einer Decke.
Mit einem bequemen Kissen.
Mit dem Mut, dich selbst in den Arm zu nehmen.
Die Heilung geschieht in deinem Inneren.
Den Halt kannst du dir im Außen schaffen.
In Liebe
deine Janina
P.s. wenn du tiefer in deine eigenen Bedürfnisse eintauchen möchtest und diesen Raum in deinem Leben geben möchtest für mehr Erfüllung und Schöpfungskraft, dann lade ich dich in meinem Deep Dive Gestalten.Macht.Raum. ein.
In der fünftägigen Challenge führe ich dich zu einer Gestaltung, die dir, deinen Bedürfnissen und deiner Vision deines Lebens wirklich entspricht.